Zusammen mit Cloud Computing, Mobility und Big Data bildet das Internet der Dinge die Achse der Digitalisierung.
von Dinko Eror
Anders als im „eigentlichen Internet“ tauschen im IoT nicht Menschen, sondern beliebige Objekte über die Kommunikations-Infrastruktur des Internets untereinander Informationen aus. Diese Objekte verfügen über Sensoren oder Aktoren, die entweder Daten erfassen oder Aktionen ausführen, sowie über eine Schnittstelle für die Kommunikation mit dem Netz.
Die Bedeutung des Themas erwächst daraus, dass die betreffenden Objekte, wenn sie einmal vor Ort implementiert sind – in einem Fahrzeug, in einer Industrieanlage, einer Messstation, in einem Krankenhaus oder in einer Verkehrsampel –, weitgehend autonom, also ohne weitere Eingriffe durch die Menschen, arbeiten und kommunizieren können: „Machine-to-Machine-Communication“ ist deshalb eine treffende Beschreibung für IoT. Natürlich müssen die Systeme gestartet werden und man wird sie auch abfragen wollen. Grundsätzlich aber wird die Steuerung durch den menschlichen Nutzer ersetzt durch Algorithmen und die Kommunikationsfunktionen, die über das universale IP-Protokoll die Verbindung zum Internet halten.
Es gibt mittlerweile eine Fülle von IoT-Anwendungsmöglichkeiten, sodass Aufzählungen von potenziellen Einsatzgebieten oder -szenarien immer ein wenig hilflos erscheinen, so als wolle man beschreiben, wo überall man elektrischen Strom verwenden kann. Die Antwort lautet in beiden Fällen kurz und lapidar: überall. Für IoT kommen deutlich mehr „Dinge“ in Frage, als in den üblicherweise diskutierten Szenarien Gebäudemanagement, Energieversorgung und Mobilität erwähnt.
Jedes „Ding“, das physisch groß genug ist, einen Transponder zu tragen, kommt dafür prinzipiell in Frage. Mit der fortschreitenden Miniaturisierung der Bauteile – die Sensoren haben mittlerweile nur noch die Größe eines Reiskorns – wird diese Grenze praktisch mehr und mehr irrelevant. Der Fantasie der Anwendungsszenarien sind daher kaum noch Grenzen gesetzt. Das auf diese Weise entstehende Universum autonom agierender Objekte darf man sich dann gemäß persönlichen Vorlieben einrichten: IP-Transportbehälter, IP-Werkzeuge, IP-Turnschuhe, IP-Hausschlüssel, IP-Milchtüten.
Alles kann ins IoT einbezogen werden, nicht nur „tote Dinge“, sondern beispielsweise auch Pflanzen, schließlich ist gerade die Landwirtschaft in der Digitalisierung weit vorangeschritten. Auch die Haustiere sollte man in diesem Zusammenhang nicht vergessen, Transponder sind für einige Tierarten ohnehin vorgeschrieben, sodass eine Einbindung ins Internet naheliegt, Hund und Katze könnten sich dann zwar immer noch unerlaubt entfernen, aber man weiß immerhin, wohin sie unterwegs sind. Schließlich kann man Sensoren und Kommunikatoren auch Menschen implantieren, was nicht unbedingt dystopisch gemeint sein muss, beispielsweise in Verbindung mit Assistenzsystemen für Behinderte oder Senioren – ein Sensor, der erkennt, dass die Großmutter gestürzt ist, kann sich als lebensrettend erweisen.
Wachsende Datenmengen im IoT
Auf oder in welchen Dingen auch immer eingesetzt, in jedem Fall werden von IoT-Systemen in großem Umfang Daten erzeugt. Jeder Sensor gibt Daten ab, jeder Aktor nimmt Daten an und je nachdem wie diese Systeme getaktet sind und wie granular sie strukturiert sind, geht es um immense Datenmengen. Jeder Schritt mit dem IP-Turnschuh, jede Bewegung einer IP-Transportbox, jede Sekunde, die eine in einem IoT-System überwachte Maschine in Betrieb ist, erzeugt Daten.
Je komplexer diese Systeme sind – bei einem Turnschuh mögen zwei oder auch fünf Sensoren ausreichen, bei einer Werkzeugmaschine können es Dutzende oder auch ein paar Hundert sein – desto mehr Daten entstehen. Und wenn nicht bloß binäre Zustände erfasst werden, sondern vielleicht sogar bewegte Bilder, dann potenziert sich das Datenaufkommen. Einmal mit IP-Schuhen, IP-Brille und IP-Jacke um den Block gelaufen, und schon wieder sind gewissermaßen aus dem Nichts ein paar GB Daten generiert worden. Das IoT verursacht zwangsläufig eine „Informationsflut der Dinge“; das liegt in der Natur dieser Sache und ist daher nicht abstellbar.
In einem ersten Schritt ist die Bewältigung großer Datenmengen die Aufgabe von „Big Data“; die hier verwendeten Technologien lassen sich grundsätzlich auch für Auswertung und Analysen der Datenmengen des IoT verwenden. Dafür müssen entsprechende Ressourcen in den Rechenzentren, on premise oder in der Cloud, bereitgestellt werden. Doch es zeichnet sich bereits jetzt ab, also noch in der Anfangsphase der Entwicklung des IoT, dass die Datenmengen des IoT zu „Big“ für Big Data sein werden.
Dabei sind nicht einmal so sehr die Speicher und die Rechenkraft kritisch, sondern vor allem die Datenübertragung. Die Mehrzahl der „Dinge“ soll ja draußen im Feld arbeiten. Je nach Art der Anwendung lässt sich die Weiterverarbeitung der Daten auch nicht aufschieben – ein Turnschuh mag zu Hause abgefragt werden, bei einer Turbine ist Echtzeit verlangt und damit eine ständige und immer leistungsfähige Datenverbindung.
IoT-Systeme integrieren die künstliche Intelligenz (KI). Intelligente und selbstlernende Verfahren werden also gleich vor Ort implementiert und machen das IoT intelligent.
Intelligenz am Netzwerkrand
Da dies nicht in jedem Umfeld vorausgesetzt werden kann, wird die erste Aufbereitung und Analyse immer öfter nicht erst im Rechenzentrum, sondern gleich vor Ort durchgeführt – „at the edge“, also am Rand der jeweiligen Netz-Infrastruktur. Das bedeutet, dass die Intelligenz, die dafür notwendig ist, mehr und mehr in die Dinge verlagert wird – anders formuliert: IoT-Systeme integrieren die künstliche Intelligenz (KI). Intelligente und selbstlernende Verfahren werden also gleich vor Ort implementiert und machen das IoT intelligent.
Die Diskussion, wo KI anfängt, wann also IoT-Algorithmen zur KI zählen, ist akademisch. KI kommt insofern zum Tragen, als von den Systemen nicht nur ein bestimmtes Regelwerk abgearbeitet wird, sondern in großem Umfang Daten auch aus dem jeweiligen Kontext – beispielsweise das Wetter – einbezogen werden. Dabei lassen sich dann wiederkehrende Muster erkennen und analysieren, mit denen sich das System weiter optimieren kann. Wem das nicht intelligent genug ist, der darf es gern anders titulieren.
In einem KI-IoT-Szenario können dann beispielsweise Systeme zur Überwachung von Maschinen, etwa der Turbine in einem Offshore-Windpark, Abweichungen vom Soll-Zustand analysieren und vielleicht in Verbindung mit aktuellen Wetterdaten, aber auch mit historischen Betriebsdaten Entscheidungen treffen, also etwa eine irreguläre Abweichung der Lastdaten frühzeitig erkennen, sodass entsprechende Wartungsmaßnahmen noch weit vor einem tatsächlich Ausfall ergriffen werden können.
Auf ähnliche Weise kann auch die Kamera eines Verkehrsüberwachungssystems „intelligent“ gemacht werden: Sie kann zum Beispiel anhand eines Bewegungsprofils in Echtzeit erkennen, ob in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen einen Fußgängerüberweg nutzen und kann daraufhin die Ampelphase selbstständig verlängern. Weitere Szenarien dieser Art sind in der Logistik denkbar, wenn etwa IoT-Container in Abhängigkeit von aktuellen Verkehrsaufkommen, vielleicht auch vom Wetter, die Beladung von Trucks automatisch optimieren. In der Landwirtschaft können beispielsweise Bodensensoren nicht nur passiv Daten weitergeben, sondern aktiv mit Landmaschinen zusammenarbeiten und bestimmte Bearbeitungsweisen abrufen.
Der Trend, Analysen so weit wie möglich vor Ort durchzuführen, also die Intelligenz dorthin zu verlagern, wo die Daten entstehen, stößt jedoch auch auf Hindernisse. Die IT der betreffenden Objekte muss in der Regel bestimmungsgemäß klein, kompakt und sparsam sein. Eine Turbine mag Platz und Energie in Fülle bieten, aber in einem Turnschuh sieht das ganz anders aus. In vielen Objekten der IoT-Welt sind Rechenleistung und Speicherplatz begrenzt, sie befinden oder bewegen sich in schwierigen Verhältnissen. Man kann daher nicht einfach bestehende Algorithmen aus dem Rechenzentrum nach außen verlagern, sondern muss die jeweiligen Einsatzbedingungen berücksichtigen. //
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