Smart Mobilty, Smart Factory, „Smart X“: Eine smarte Zukunft benötigt kooperative Ansätze und horizontale Vernetzungen.
Die Herausforderungen der Digitalisierung sind überaus vielseitig und vielschichtig – und erfordern letztendlich durchgängig integrierte Systemlösungen. Das geht nur in stärker kooperativen Modellen. Eco-Systeme sind dafür eine bewährte Blaupause: Sie eröffnen neue Chancen und Geschäftsmöglichkeiten.
Stellen wir uns eine Smart City in der digitalen Zukunft vor, dann denken wir an eine urbane Ansiedlung, in der das Leben (hoffentlich) nicht nur weiterhin lebenswert ist, sondern völlig neue Qualitäten ermöglicht. Eine Stadt, die uns mithilfe von Digitalisierung den Alltag erleichtert, nachhaltig mit Energie und Ressourcen umgeht, sicher ist, Bildung und Beschäftigung ermöglicht, moderne Gesundheitsdienste für alle bereitstellt, immer wieder ein Hort des Aufbruchs und der Innovation ist und so weiter und so fort. Menschen jeden Alters müssen zu jedem Zeitpunkt mit ihren Erwartungen abgeholt, ihre Anforderungen an Mobilität und Immobilität befriedigt werden. Es gilt, die Bewegungsströme von Menschen, Fahrzeugen und Waren zu managen, genau wie alle erforderlichen Ressourcen und sämtliche Abfallprodukte der Gesellschaft. Und das eigentlich auch immer im Kontext aller Smart Cities auf der Welt. Dienstleistungen müssen für alle einfach benutzbar, bezahlbar, ausreichend, effizient und sicher verfügbar sein. Dazu müssen Daten gesammelt, intelligent ausgewertet und zwischen den verschiedenen Teilnehmern ausgetauscht werden. Das ist sicherlich eine Chance und Herausforderung zugleich – und manch einer mag auch sofort an die damit verbundenen Bedrohungen denken.
Mit der Umsetzung des Internet of Things entstehen vielschichtige, integrierte Netzwerke von Dingen und menschlichen Interaktionen. Smart Mobility oder Smart Factory … es sind die „Smart X“, die verschiedene Teilaspekte einer in der Zukunft notwendigerweise integrierten Zielinfrastruktur adressieren. Das Internet of Things ist dabei nicht Selbstzweck, sondern muss bereits während der Phase der Erforschung seiner Möglichkeiten auf die Lieferung der Werte für die digitale Zukunft der Gesellschaft (siehe oben) ausgerichtet sein. Alle damit verbundenen Herausforderungen können jedoch nicht von einem einzelnen Unternehmen – und sei es noch so mächtig – gelöst werden. Und auch die Politik wird dafür entscheidende Voraussetzungen und Rahmenbedingungen schaffen müssen. Für die smarte Zukunft werden daher stärker kooperative Ansätze und horizontale Vernetzungen benötigt. Eco-Systeme sind diesbezüglich eine sehr valide Modellbetrachtung mit vielen bereits sehr erfolgreichen Implementierungen im Markt.
Die verschiedenen Facetten der Eco-Systeme
Eco-Systeme kann man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Diese Sichtweisen werden nachfolgend näher dargestellt. Wer in seinem Denken stärker von infrastrukturellen Aspekten geprägt ist, wird Eco-Systeme als über geeignete IT-Plattformen vernetzte IT-Services ansehen. Sind diese Plattformen einfach zu benutzen und stellen sie insbesondere Mehrwerte für ihre Teilnehmer zur Verfügung, entstehen auf ihnen je nach inhaltlicher Ausrichtung der Services „Marktplätze“ (gleichwertig für Eco-Systeme) für die verschiedenen Geschäftszwecke und Branchen, über die die Teilnehmer die Services in Anspruch nehmen bzw. austauschen oder auch weiter integrieren können. Solche Plattformen existieren in Datacentern – und sie ermöglichen zunächst durch die örtliche Nähe der verfügbaren Services einen einfachen Zugang. Aber auch die Integration von verschiedenen Services fällt damit wesentlich leichter. Sind geografisch verteilte Datacenter untereinander über die gleiche Plattform verbunden, sind die entsprechenden Services dann an allen Orten gleichermaßen (ggf. mit verschiedener Latenz) verfügbar. Je reichhaltiger und bewährter die Eco-Systeme in Bezug auf ihre Services dabei sind, desto mehr Teilnehmer ziehen sie letztendlich an.
Aus einer eher Geschäftsmodell-orientierten Sicht sind Eco-Systeme zweiseitige Märkte, die durch ein skalierbares, sich selbst verstärkendes Plattform-Geschäftsmodell ermöglicht werden. Die Plattform ist dabei typischerweise „asset-free“. Beispiel: Uber hat keine Fahrzeuge und keine Fahrer, Airbnb keine Wohnungen. In einem derartigen zweiseitigen Geschäftsmodell sind die Teilnehmer nicht einfach Kunde auf der einen und/oder Anbieter auf der anderen Seite des Netzwerkes, sondern beides in einem, ggf. zwar zu verschiedenen Zeitpunkten ihres Handelns, aber immer in Interaktion mit der gleichen Plattform (also in der Art, wie ein Amazon-Käufer auch Power-Seller über die Amazon-Plattform sein kann). Die permanente Rückkopplung über das Erlebnis der Teilnehmer mit der Plattform („User Experience“ als wesentliches Merkmal erfolgreicher Plattformen) führt zu einer ständigen Verbesserung der Plattform und damit zu einer stetig steigenden Akzeptanz. Die Zweiseitigkeit und die Rückkopplung münden in eine Selbstverstärkung des Geschäftsmodells und können letztendlich sogar zu einem „The Winner takes it all“-Effekt, also zu einem Monopol in dem entsprechenden Markt, führen. Das mag man nun positiv oder negativ sehen: Fakt ist, es findet statt.
Je stärker sich ein Nutzer „für immer“ an eine Plattform gebunden fühlt und es wahrscheinlich im Einzelfall auch ist („Lock-in-Effekt“), desto schwerer fällt ihm eine Entscheidung für eine entsprechende Lösung.
Eco-Systeme ermöglichen in ihrer Geschäftsmodell-orientierten Betrachtung eine stärkere horizontale Vernetzung von Teilnehmern – im Gegensatz zu vertikalen, festgefügten und langfristig etablierten Wertschöpfungsketten wie z. B. in der Automobilindustrie. Die horizontale Vernetzung ist mit Blick auf die digitale Zukunft eine Basis für kooperative Modelle, verbunden mit dem Ziel einer integrierten Systemlösung (z. B. für eine Smart City). Services und Daten der Plattform selbst bzw. der Teilnehmer der Plattform können einerseits zur Verbesserung der Plattform beitragen (siehe oben) und andererseits für neue Services genutzt werden. So sind z. B. umfassende Mobilitätsdaten für eine smarte Parkraumbewirtschaftung unabdingbar. Innerhalb der Eco-Systeme können so auf einfache Weise neue Services durch die Integration bestehender Services und die Nutzung von Daten der Plattformteilnehmer entstehen. In diesem Sinne sind Eco-Systeme die Basis für neue Geschäftsmöglichkeiten, und das sollte man gerade auch im Mittelstand als Perspektive und Chance begreifen.
Monetarisierung der Daten als neues Geschäftsmodell
„Daten sind das neue Öl“: Diese oder ähnliche Formulierungen werden seit einiger Zeit benutzt, um auszudrücken, dass die Monetarisierung von Daten ein wesentliches Geschäftsmodell (und nicht erst der Zukunft) darstellt. In Eco-Systemen entstehen Unmengen von Daten, sie werden von den Teilnehmern veredelt und untereinander ausgetauscht. Eco-Systeme sind daher eine ideale Basis für Geschäftsmodelle, die sich mit der Monetarisierung von Daten beschäftigen.
Die Zukunft einer Branche (z. B. der Mobilität) wird maßgeblich durch den Wettbewerb von erfolgreichen Geschäftsmodellen entschieden und weniger durch den Wettbewerb von entsprechenden „darunterliegenden“ Produkten (z. B. Elektrofahrzeugen). Neue Geschäftsmodelle haben oft das Potenzial zur Disruption klassischer Märkte. Sie entstehen meist aus Unzufriedenheit mit der Nutzung bestimmter Produkte und Services oder einfach aus einem Mangel an solchen. Die Angriffe auf klassische Märkte müssen dabei gar nicht der Ausgangspunkt oder gar die Zielsetzung der Disruptoren sein. So wollten bspw. die Airbnb-Gründer nicht die Hotelbranche angreifen, sondern nur ihr teures Apartment in San Francisco behalten, und suchten daher nach einer Finanzierungsmöglichkeit. Gleichwohl aber kommen solche Disruptionen sehr schnell (und künftig immer schneller) und ggf. aus einer völlig unerwarteten Richtung, die man selbst bei der sorgfältigsten ständigen Betrachtung des eigenen Marktumfeldes nicht erahnen kann. Aber auch neue Plattformmodelle sind nicht gegen Disruptionen gefeit, insbesondere wenn sie darauf basieren, dass (ggf. noch) eine Reihe von Mittelsmännern („Intermediären“) benötigt werden, um die Teilnehmer zu verbinden. Dann ist jede neue Plattform, die die Intermediäre ausschaltet und damit deren Kosten einspart, ein grundsätzlich besseres Geschäftsmodell.
Erfolgreich etablierte (reichhaltige) Eco-Systeme – ggf. auch jene ohne Intermediäre – sind zwar kein genereller Schutz vor Disruptionen, bilden jedoch jedes für sich ein mächtiges Bollwerk, das als Ganzes erst einmal disruptiert werden müsste, bevor es zur Gefahr für die Teilnehmer werden kann. Damit geben diese Eco-Systeme den Teilnehmern eine gewisse Sicherheit ihrer Investition in die Zukunft. Natürlich können auch Disruptionen in den Teilnehmerkreisen einer Plattform stattfinden. Davor schützt die Plattform nicht. Aber die vielfältigen Möglichkeiten, die ein Eco-System seinen Teilnehmern bietet, erhöhen die Chancen, auch im Falle von Disruptionen einen geeigneten Ausweg zu finden – zumindest sind die Chancen höher als in einem isolierten Umfeld.
Chancen und Risiken der neuen Plattformlösungen
Am Markt sieht man derzeit ein starkes Wachstum von IoT-Plattformen. Bereits etablierte Anbieter und auch „Neulinge“ wollen an diesem Wachstumsmarkt partizipieren. Diese anbieterorientierten Plattformen sind natürlich daran interessiert, ihre Nutzer zu binden, und realisieren das auf unterschiedliche Weise. Je stärker sich ein Nutzer „für immer“ an eine Plattform gebunden fühlt und es wahrscheinlich im Einzelfall auch ist („Lock-in-Effekt“), desto schwerer fällt ihm eine Entscheidung für eine entsprechende Lösung. Ist das die Plattform der Zukunft, wird sie überleben, werden die Kosten steigen, komme ich wieder weg und kann auf eine andere Plattform wechseln? Auch vermeintlich „offene“ Plattformen sind nur eingeschränkt offen: Denn sie integrieren zwar „nach unten“ alle am Markt befindlichen IoT-Devices – und eben nicht nur die des Plattformherstellers selbst – und erlauben „nach oben“ einen App-Store von Mehrwertservices Dritter, aber es bleibt beim entscheidenden Lock-in auf der entsprechenden Plattform.
Diese Plattformen sind übrigens klassische Anbieter-Kunden-Relationen und meines Erachtens nicht geeignet, zweiseitige Märkte zu realisieren: Der Nutzer bleibt Nutzer der angebotenen IoT-Services und wird nicht selbst zum Anbieter von IoT-Services über die gleiche Plattform (siehe Bemerkungen zu Amazon).
Komplexe Systeme mit derart vielen Teilnehmeraktivitäten und IoT-Devices können auch nicht mehr von Menschen überwacht und gesichert werden.
Unabhängig von einer künftigen Konsolidierung der Plattformen (einfach ausgedrückt: Es können nicht alle überleben) wird ein möglicher und auch wahrscheinlicher Entwicklungsschritt zunächst eine integrierende Plattform von IoT-Plattformen sein, die von den Anbieter-Teilnehmern eine gewisse Standardisierung ihres Angebots erfordert und auch die partielle Nutzung gestattet. Es entsteht dann ein einheitlicher und transparenter IoT-Servicekatalog. Diese Plattform der Plattformen schafft für die Nutzer Transparenz und deutlich höhere Flexibilität. Zum Vergleich: Car-Sharing-Plattformen gibt es bereits mehrere, und als Nutzer in einer Stadt habe ich daher verschiedene Möglichkeiten und Lösungsmodelle. Aber eigentlich möchte ich nur von A nach B und suche dafür ein Fahrzeug nach meinen Kriterien. Hier ist die Idee einer integrierenden Plattform von allen Car-Sharing-Plattformen nicht mehr weit. Bei anderen Buchungsplattformen hat es diese Entwicklung bereits gegeben. Eine solche integrierende Plattform ist noch keine Disruption, sie erlaubt aber zweiseitige Märkte und eine deutliche Skalierung. Alle Teilnehmer verbleiben mit ihrem Angebot zunächst am Markt. Die Disruption entsteht erst dann, wenn eine Plattform die so etablierte Kette von Zwischengliedern auflöst und die Intermediäre nicht mehr benötigt.
Soziale Aspekte der Eco-Systeme
Denkt man an soziale Aspekte, dann sind Eco-Systeme Ansiedlungen von Menschen und Unternehmen sowie deren Vernetzung zu bestimmten Zwecken (Forschungs-Cluster, Start-up-Zentren, Co-Working-Spaces, Co-Living-Spaces, …). Sie entstehen, weil die örtliche Nähe der Teilnehmer den Austausch in besonderer Weise fördert und letztendlich Entwicklungen und Innovationen z. T. überhaupt erst ermöglicht, die jedenfalls über Telefon, E-Mail, Webex und Co. allein nicht möglich wären. Solche Ansiedlungen und Nutzungskonzepte sind damit eine wichtige Basis zur Bewältigung der vielschichtigen und komplexen Herausforderungen der digitalen Zukunft in Bezug auf integrierende Systemlösungen.
Die Sicherheit im Kontext von Eco-Systemen
Für eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Geschäftskonzepte gerade mit Bezug zum Internet of Things hat Sicherheit in einem umfassenden Sinn eine herausragende Bedeutung. Jeder Nutzer erwartet ein sehr hohes Maß an Zuverlässigkeit und Stabilität der Services sowie eine sehr hohe Sicherheit und den Schutz der Daten. Doch Fakt ist: Einzelne Elemente eines (IoT-)Netzwerkes oder auch Gruppen von Elementen können unzuverlässig bzw. unsicher sein oder Ziele von Cyberangriffen werden. Das ist Realität mit stetig steigender Tendenz und lässt sich bei aller Sorgfalt künftig auch nicht vermeiden, schon gar nicht in einem Netzwerk von Milliarden einfacher, preiswerter und somit in gewissem Sinne zwangsläufig unsicherer IoT-Devices. Weiterhin werden heute in zunehmender Breite und Tiefe über viele Jahre gewachsene Eco-Systeme (z. B. Internet- und Cloud-Exchanges) verwendet, die im Kern nicht sicher sind. Denn Sicherheit war nicht der Ausgangspunkt des Designs dieser Plattformen. Sie müssen daher nun nachträglich sicher gemacht werden.
Komplexe Systeme mit derart vielen Teilnehmeraktivitäten und IoT-Devices können auch nicht mehr von Menschen überwacht und gesichert werden. Verteilte Architekturen (z. B. ähnlich wie Blockchains) und Deep Learning sind Erfolg versprechende Ansätze, um komplexe Netzwerke sicherer zu machen. Ähnlich, wie Organismen mit krankhaften Veränderungen und Angriffen von außen umgehen bzw. das lernen, müssen auch künftige IoT-Netze lernen, mit Unsicherheiten zurechtzukommen. Sichere Eco-Systeme für die digitale Zukunft erfordern daher Plattformen als Basis, die mit „Security by Design“ ausgestattet sind. Die maincubes secureexchange-Plattform stellt sich diesen Herausforderungen und strebt eine standardisierte Security- und Verbindungsschicht sehr dicht über der physischen Datenübertragungsebene der digitalen Zukunft (z. B. von 5G-Netzen) an. Damit soll secureexchange künftig den Kern für darauf aufbauende Plattformen und Eco-Systeme in einem sicheren Internet of Things bilden. //
Informationen zu Dr. Jens J. Gerber
maincubes mit Hauptsitz in Frankfurt am Main ist ein deutsches Unternehmen und Teil der mittelständischen Zech-Gruppe, Bremen. maincubes stellt seinen Kunden ein Netzwerk hochverfügbarer Rechenzentren in Europa zur Verfügung, das Colocation in Verbindung mit sicheren Eco-Systemen für die digitale Zukunft von Unternehmen verschiedener Branchen ermöglicht. Kunden und Partner von maincubes können sich weltweit über die secureexchange-Plattform verbinden und IoT-, Security- sowie Connectivity- und Cloud-Services unserer strategischen Partner zur Erweiterung ihrer Geschäftsmöglichkeiten nutzen. maincubes-Services sind sicher, effizient und nutzerfreundlich. Für weitere Informationen besuchen Sie https://www.maincubes.com/de/
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