Page 94 - Handbuch Internet of Things
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HANDBUCH INTERNET OF THINGS
Kapitel 2.3 / Der Mensch in automatisierten Prozessen
Was halten Sie von der Idee eines zukün i- gen bedingungslosen Grundeinkommens? Ich bin gespalten. Ich halte den Gedanken für richtig, dass alle Menschen das Recht auf eine Absicherung haben, die sie zur Teilnahme an der Gesellscha befähigt. Es gibt aber auch zwei Gefahren. Erstens sollte es vermieden werden, dass ein Grundeinkommen von Staat und Unternehmen als Rechtfertigung genutzt wird, sich um die Bekämpfung von Arbeits- losigkeit und die Scha ung guter Arbeitsbe- dingungen gar nicht mehr zu kümmern. In diesem Fall würde eine gute Idee zu einer Art „Brot und Spiele für die Massen“ degenerie- ren. Zweitens wäre darauf zu achten, dass das Grundeinkommen nicht auf einem Niveau eingeführt wird, das gerade mal zum Überle- ben reicht, und dass auf diese Weise die heu- tigen Sicherungssysteme demontiert werden.
Wie wird unsere Arbeitsleistung im Kontext der Automatisierung in Zukun bewertet? Digitalisierung bedeutet eine rasante Zunah- me der Dichte von Daten über Arbeitspro-
zesse und damit auch über die Beschä igten. Hier bestehen durchaus Gefahren der Über- wachung. Auswertungen der individuellen Bearbeitungsgeschwindigkeit von Au rägen oder der Reaktionsgeschwindigkeit auf Kun- denanfragen werden beispielsweise immer leichter. Wir beobachten zudem vermehrt den Einsatz digitaler Analysesysteme beim Vor- screening von Bewerbungen oder auch bei der Auswahl von Kandidaten für Quali zierungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen. So hilfreich solche Systeme sein können, so blind gegenüber den faktischen Gegebenheiten und so diskriminierend können sie auch sein. Ich halte die Fragen des Beschä igtendatenschut- zes und der Leistungskontrolle daher für be- sonders kritisch. Hier ist die Rolle der Mitbe- stimmung zu verteidigen und unter Umstän- den auch zu stärken. //
Über PD Dr. Martin Krzywdzinski
PD Dr. Martin Krzywdzinski ist Leiter der Forschungsgruppe Globalisierung, Arbeit und Produktion am Wissenscha szentrum Berlin für Sozialforschung. Er hat an der Freien Universität Berlin promoviert und sich dort in Soziologie habilitiert. Martin Krzywdzinski ist Principal Investigator
am Weizenbaum-Institut und leitet die Forschungsgruppe „Arbeiten in hoch au- tomatisierten digital-hybriden Prozessen“. Er forscht über den Wandel von Arbeit im Kontext von Globalisierung und Digitali- sierung.
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